Narrative Organisationen by Christine Erlach & Michael Müller

Narrative Organisationen by Christine Erlach & Michael Müller

Autor:Christine Erlach & Michael Müller
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783662607213
Herausgeber: Springer Berlin Heidelberg


In der rechten Spalte wird die Geschichte in Form von möglichst originalgetreuen Zitaten von den Betroffenen erzählt. Sie berichten aus ihrer Perspektive über die Ereignisse. Die Erzähler werden in der Regel nicht namentlich genannt, sondern durch Berufsbezeichnung unterschieden (z. B. Mitarbeitende Marketing, Projektleiterin Technik, Kunde Firma XY, Praktikantin). Auf Wunsch bleiben die Erzähler auch ganz anonym oder erhalten verfremdete Namen z. B. aus dem Tierreich. Die einzelnen Aussagen der unterschiedlichen Personen werden dabei so miteinander verwoben bzw. mit Zwischentexten versehen, dass eine nachvollziehbare, zusammenhängende, aber auch emotionale Geschichte entsteht.

Die linke Spalte ist dagegen mit Analysen und teilweise provokanten Kommentaren von den Schreibern der Erfahrungsgeschichte, den sog. „Erfahrungshistorikern“, versehen. Ziel dieser Anmerkungen ist es, den Leser zum Nachdenken anzuregen und Punkte anzusprechen, die möglicherweise in den Zitaten nur angedeutet werden, aber an die Oberfläche gebracht werden sollten.

Die Erfahrungsgeschichte kann dabei in verschiedene aufeinander aufbauende oder eigenständige Kurzgeschichten unterteilt sein. Bei der Aufbereitung sind vielerlei Formen denkbar und auch multimediale Elemente können eingesetzt werden. Um mit der Erfahrungsgeschichte möglichst effizient arbeiten zu können, bekommen die Leser in einer Art Anleitung, bevor die eigentliche Erfahrungsgeschichte beginnt, Hinweise zum Lesen der Geschichte. Daneben werden in der Regel auch der Kontext des untersuchten Projektes, die befragten Personen und die Ziele, die die Organisation mit der Erfahrungsgeschichte erreichen will, für den Leser erläutert. Die Erfahrungsgeschichte und diese erläuternden Zusätze ergeben dann das fertige Erfahrungsdokument, das in der Organisation verbreitet werden kann (Kleiner und Roth 1998; Thier 2015).

Learning Histories sind gemeinsam erzählte Erfahrungsgeschichten, die das (Erfahrungs-)Wissen von Mitarbeitern bzw. Teams über einschneidende Ereignisse im Unternehmen aus unterschiedlicher Perspektive der Beteiligten erfassen, auswerten und in Form einer Geschichte aufbereiten. Ziel ist es, die gemachten Erfahrungen, Tipps und Tricks zu dokumentieren und damit für Folgeprojekte bzw. für das gesamte Unternehmen nutzbar zu machen.

Das Ziel des Einsatzes dieser Storytelling-Methode sind in erster Linie nicht das Schreiben der Erfahrungsgeschichte bzw. die Erfahrungsgeschichte an sich, sondern die während der Erstellung und Verbreitung ablaufenden Prozesse in der Organisation, wie z. B. die Reflexion von Ereignissen, Gruppendiskussionen, neue Erkenntnisse und Verbesserungsideen, also das Gewinnen eines tieferen Verständnisses für bestimmte Ereignisse und die Übertragung der dort gemachten Erfahrungen auf neue, zukünftige Handlungen (Kleiner und Roth 1998).

Die Entstehungsgeschichte der Learning Histories

Die ersten Learning Histories entstanden Mitte der 1990er-Jahre am Center for Organizational Learning des M.I.T. in Cambridge und wurden im Rahmen des theoretischen Ansatzes des organisationalen Lernens entwickelt, welcher in Peter Senges weltweitem Bestseller „The Fifth Discipline“ (1990) verbreitet wurde. Das Ziel war, ein Instrument zu entwickeln, mit dem Erfahrungen und Wissen über zentrale Ereignisse in Organisationen aus unterschiedlicher Perspektive erfasst und aufbereitet werden konnten. Bereits 1997 gab es am M.I.T. mehr als 15 Learning Histories-Projekte, die mit unterschiedlichen methodischen und theoretischen Ansätzen u. a. aus Ethnografie, Aktionsforschung, Geschichtswissenschaften und dem Journalismus experimentierten. Ihre Veröffentlichung im Harvard Business Review „How to make experience your company’s best teacher“ (Kleiner und Roth 1997), in der sie ihr methodisches Vorgehen und erste Resultate beschreiben, wurde zur wichtigen Inspirationsquelle weltweit. Besonders in Europa fanden die Learning Histories breite Anwendung. In



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